Sa., 01.09.2018
Martina Schumacher sagt: Es ist sprichwörtlich fünf vor zwölf. Viele Schüler und Lehrer fühlen sich zunehmend gestresst. Dabei ist der Lehrerberuf ein Traumjob – eigentlich. Auch sie selbst war Lehrerin, stieg dann aber aus. Foto: oh
Sie war selbst Lehrerin – eigentlich ihr Traumberuf. Trotzdem stieg sie vor einigen Jahren aus, um sich fortan beruflich dem Thema „Lehrergesundheit“ zu widmen. Im Interview mit Redakteur Oliver Hengst erläutert die Präventologin Martina Schumacher, woran es in Schulen hakt, was man gegen Stress tun und wie Bildung zeitgemäßer werden kann.
Do., 23.03.2017
Steinfurt -
Martina Schumacher setzt am 5. April die Vortragsreihe „Steinfurt gesund“ fort. Schumacher spricht darüber, wie Menschen es schaffen können, äußere Ansprüche mit inneren Bedürfnissen in Einklang zu bringen.
Di., 06.09.2016
Lebensfreude ist machbar
Bewegung, gesunde Ernährung, Entspannung, Achtsamkeit – beherzigt man einige Ratschläge, kann jeder mehr Lebensfreude erlangen und den Alltagsstress besser an sich abperlen lassen, davon ist Martina Schumacher überzeugt. Foto: oh
Greven -
Martina Schumacher ist Präventologin und kümmert sich als solche besonders um die Gesundheit von Lehrern. Denn die sind steigenden Belastungen ausgesetzt. Wer wüsste es besser? Martina Schumacher hat bis vor Kurzem selbst unterrichtet.
Von Oliver Hengst
„Ich wollte immer Lehrerin werden.“ Dieses Ziel hat Martina Schumacher auch erreicht – allerdings waren ihre Fächer Englisch und Sport nicht gerade gefragt, als sie damals ihr Studium abschloss. Es gab sogar einen Einstellungsstopp. Also schob sie etliche Jahre später ein weiters Studium (Englisch) nach und wurde mit 16 Jahren Verspätung doch noch Lehrerin.
Ein ganz schön fordernder Job, das weiß die Grevenerin inzwischen aus eigener Erfahrung und von vielen Kollegen, die mit einem immer stressigeren Umfeld zurecht kommen müssen. „Die Belastungen werden immer größer durch die Anforderungen, die an uns herangetragen werden“, sagt die Pädagogin. Das liege an immer steigenden Anforderungen, die an Schulen und das dortige Fachpersonal gestellt würden. Beispiel: Inklusion. „Gut gedacht, schlecht gemacht“, sagt Martina Schumacher, die darauf verweist, dass es einfach nicht genug Fachpersonal gebe. Zudem habe man es im Schulalltag mit immer mehr emotional auffälligen Schülern zu tun, die Aufmerksamkeit einfordern. Das gehe oft auf Kosten der anderen Schüler in – ganz nebenbei bemerkt – viel zu großen Klassen. Auch die Integration von Flüchtlingskindern erfordere mehr Ressourcen, als sie zur Verfügung gestellt werden. Und der zunehmende Trend zur Dokumentationspflicht lenke immer mehr vom Kerngeschäft der Lehrer ab: dem Unterrichten.
Nicht zuletzt: „Auch die Eltern werden immer schwieriger.“ Sie darf das inzwischen sagen, denn auf Eltern muss sie (fast) keine Rücksichten mehr nehmen. Ihre halbe Stelle als Lehrerin an der Anne-Frank-Realschule hat sie wieder aufgegeben.
Um sich ganz der Förderung der (psychischen) Gesundheit von Lehrern zu widmen. Sie ist seit Jahren als ausgebildete Präventologin an anderen Schulen in ganz NRW unterwegs. Der Bedarf nimmt nach ihrer Wahrnehmung deutlich zu. Lange Ferien, mittags Feierabend, Beamtenstatus – das Bild von Lehrern in der Öffentlichkeit stimme immer weniger mit der Realität überein. Immer mehr Arbeit in immer weniger Zeit, ständige Erreichbarkeit – die Stressfaktoren dieser Tage treffen nicht nur die Lehrerschaft, aber eben auch sie. Und auf sie kann Martina Schumacher eben ganz besonders eingehen. Was sie empfiehlt: Bewegung, gesunde Ernährung, Entspannung und somit insgesamt mehr Lebensfreude.
Was sich so leicht anhört, ist tatsächlich ein Prozess, der einiges an Zeit und Aufmerksamkeit erfordert. „Das ist Arbeit“, sagt die Präventologin. „Ich verstehe mich als Impulsgeberin. Ich gebe den Kunden einen Werkzeugkasten an die Hand.“ Was diese daraus machen, liege in ihrer eigenen Verantwortung. Sich Entspannungspausen gönnen (auch während der Arbeit), aktiv sein, Achtsamkeit sich selbst gegenüber walten lassen: diese Ratschläge versucht sie stets mit ganz konkreten Beispielen anzureichern. „Alles was wir erleben, geht durch unseren Vorhang der Erfahrungen.“ Mitunter helfe es daher sehr, bei der Beurteilung bestimmter Begebenheiten einfach mal eine andere Perspektive einzunehmen. Bewegung und gesunde Ernährung unterstützen den Effekt einer positiven Lebenshaltung. Der Lohn: mehr Lebensfreude. Das kann selbst bei Zeitgenossen helfen, die von Natur aus eher dazu neigen, alles sehr schwer zu nehmen.
Weil ihre Tipps im Grunde sehr universeller Natur sind, will sich Martina Schumacher im Übrigen künftig nicht allein auf Lehrer als Zielgruppe beschränken.
Martina Schumacher lässt sich zur zertifizierten Schulpräventologin ausbilden. Ihr Ziel: gesunde, entspannte und respektvolle Lehrer und Schüler. Foto: bam
Do., 18.10.2012
Greven -
„Ich bin immer gern zur Schule gegangen“, sagt Martina Schumacher und lacht. Früher als Schülerin, heute als Lehrerin für Französisch, Englisch und Sport an der Anne-Frank-Realschule. Doch die 55-Jährige weiß, dass es nicht allen so geht. „Wenn Lehrer nah am Burnout stehen, kann kein ausgeglichenes Lernklima entstehen“, sagt sie. Konflikte mit Schülern, Eltern und Kollegen, Bürokratie, Lärm – das alles kann schnell zu viel werden. „Gestresste Lehrer sind für Schüler eine Strapaze.“
Martina Schumacher lässt sich zur Schulpräventologin ausbilden, und zwar im Fernstudium vom Berufsverband Deutscher Präventologen in Hannover. Die Ausbildung dauert ein Jahr. Deutschlandweit gibt es erst zwei zertifizierte Schulpräventologen, 15 befinden sich in der Ausbildung. Martina Schumacher wird ihre Prüfung Mitte des kommenden Jahres ablegen. „Die Leute achten nicht genug auf sich“, findet Martina Schumacher. Wie bleiben Lehrer und Schüler aber gesund, was tut gut? Eine mediterrane Ernährung, moderate Bewegung, Entspannung, aber auch Psychosoziales wie Wertschätzung, Achtung und Konfliktbewältigung, lernt Martina Schumacher – immer auf den Schulalltag bezogen. „Es ist ein Riesenfeld.“ Deshalb konzentriert sie sich besonders auf die Lehrergesundheit. „Das steht an der Spitze.“ Und nach der Ausbildung? „Wir haben schon gute Ansätze an der Anne-Frank-Realschule – zum Beispiel die AG zur Ernährung. Ich würde daraus gerne ein Konzept für eine gesunde Schule machen“, sagt Martina Schumacher. Die Reaktionen der Kollegen seien noch „gemischt“ – eben weil sich kaum jemand vorstellen könne, was sich wirklich hinter dem Wortungetüm „Schulpräventologin“ versteckt. Bei der nächsten Schulkonferenz stellt sie ihre Ausbildung, die Ziele und die Möglichkeiten vor. Sie kann sich auch vorstellen, an andere Schulen zu gehen und dort die Lehrer zu stärken. Mehrere Projekte gleichzeitig zu haben, passt zu Martina Schumachers Leben: Neben der halben Stelle an der Realschule bietet sie auch noch selbstständig die japanische Entspannungstechnik Reiki und Massagen an. „Alles macht mir Spaß“, sagt Martina Schumacher. Und sie findet, dass ihre verschiedenen Tätigkeiten gut zusammen passen. „Das ist ja alles eins“, sagt sie. Sie selbst lernt für ihre Ausbildung zwei Mal die Woche im Fitnessstudio. „Mir werden 100 Seiten zum Durcharbeiten zugeschickt, die lese ich auf dem Crosstrainer.
Und später in der Sauna lerne ich die Prüfungsfragen. Das ist nur eine Frage des Zeitmanagements.“ Außerdem habe sie so den richtigen Lernpuls – also die Frequenz, bei der das Gehirn am besten arbeitet. „Wenn ich mich bewege, kann ich mich besser konzentrieren.“ Dass neben bewegten Pausen auch bewegtes Lernen wichtig sei, sei viel zu wenig bekannt. Schule ohne Stress – das gebe es eigentlich nicht. „Aber es gibt ja auch positiven Stress. Was für den einen Herausforderung und Ansporn ist, kann für den anderen schon zu viel sein.“